ChatGPT: Game Changer im Naming?

Februar 21, 2023

Könnte der revolutionäre Chatbot ChatGPT auch Markennamen entwickeln und damit Namensagenturen wie NOMEN schon bald überflüssig machen? „Nein“, sagt NOMEN-Chefin Sybille Kircher. Sie sieht vielmehr die Vorteile und gibt Tipps, worauf es beim Einsatz von KI ankommt. Dazu gehört auch der richtige Umgang mit vertraulichen Daten.

Namensvorschläge mit künstlicher Intelligenz entwickeln? Die Namensagentur Nomen International hat den Chatbot von OpenAI auf die Probe gestellt und ihn Namensvorschläge für verschiedene fiktive Projekte kreieren lassen. Das Ergebnis: Ein praktisches Tool für Recherche und Fleißarbeit, um zusammen mit menschlicher Kreativität maximalen Input zu erhalten. Für alles Weitere sind dann allerdings wie gehabt die Profis gefragt.

Die Vorteile von KI im Überblick:

  • KI liefert neue Inspirationsquellen und ist frei von Denkblockaden oder kulturellen Barrieren.
  • KI erledigt die Fleißarbeit und verringert den Rechercheaufwand.
  • Durch immer neuen Input sind in kürzester Zeit sehr gezielte Kreationen und Abwandlungen bestehender Namensvorschläge möglich.
  • KI kann helfen, die Positionierung des Markennamens noch schärfer herauszuarbeiten, z. B. durch Wettbewerbsanalysen.
  • Mehr Zeit für die Namingspezialisten, sich auf die Vorbereitung und Erarbeitung der attraktivsten Themenfelder zu konzentrieren.

Allerdings ist der kreative Part nur ein Teil des Naming-Prozesses. Im Naming-Prozess sind weitere Aspekte zu beachten, die ein Chatbot nicht beurteilen kann. Menschlicher Sachverstand ist unerlässlich, wenn es um die folgenden Aspekte geht:

  • Vertraulichkeit: Bei jeder Verwendung einer KI „füttert“ man das System mit ggf. hochsensiblen Informationen, die anschließend bei neuen Suchanfragen an Dritte weitergegeben werden. Daher muss die Recherche mit großer Vorsicht erfolgen – niemals vertrauliche Projektdaten eingeben!
  • Notwendige Checks: Auch wenn es angesichts der verblüffenden Ergebnisse, die KI mittlerweile produziert, oft anders erscheint: ChatGPT besitzt weder Fingerspitzengefühl noch Fantasie. Er kann zwar die wörtliche Bedeutung eines Namens prüfen, nicht aber, ob es übertragene Bedeutungen gibt oder negative Konnotationen, die nur ein Mensch verstehen würde.
  • Shitstorms: Das Gleiche gilt für interkulturelle oder gesellschaftspolitische Stolperfallen, die zu einem Shitstorm führen oder das Markenimage dauerhaft schädigen könnten. Die KI kann nicht zuverlässig beurteilen, ob und von wem ein Name als diskriminierend oder anstößig empfunden wird.
  • Austauschbarkeit: Da sich die KI in einem vorgegebenen inhaltlichen Rahmen bewegt, kann sie nicht „out of the box“ arbeiten, d. h. sie kann (noch) nicht etwas wirklich Neues, Disruptives erschaffen.
  • Kein Überblick: Fragen rund um die individuelle Markenstrategie und die Markenarchitektur kann KI nicht beantworten.
  • Juristische Beurteilung: Das internationale Markenrecht ist die letzte Hürde, die jeder Namensvorschlag nehmen muss. Ob ein Name in juristischer Hinsicht bedenkenlos verwendet werden darf, können weiterhin nur auf Markenrecht spezialisierte Patentanwälte zuverlässig entscheiden.

Das Fazit von Nomen-Geschäftsführerin Sybille Kircher: „Auch wenn Künstliche Intelligenz nicht kreativ ist, ist sie eine Bereicherung für die kreative Phase in einem Naming-Projekt. Denn die Entwicklung einer einzigartigen Marke wird nicht einfacher: Die Markenregister sind voll und es werden immer mehr. Allein in Deutschland sind aktuell ca. 846.000 Marken eingetragen.“

Hinzu kommt, dass es immer mehr Kategorien mit zu überprüfen gilt: Namen für Apps, Influencer, Blogger, Plattformen, Firmen, Titel, Labels, Shops etc. „Die geografische Reichweite der Namen ist heute grenzenlos“, so Kircher. „Also muss man einen Namen unter Umständen bis in den letzten Winkel der Erde prüfen. Zudem steigt die Anzahl der Touchpoints im Rahmen der Customer Journey. Die Entscheidung für einen Namen muss daher weiterhin sehr sorgfältig und bewusst getroffen werden, da er das einzige Marketing-Element ist, das wiedererkennbar ist und zur Aussprache kommt. Auf dem Weg hin zu dieser Entscheidung wird der Mensch auch in Zukunft unersetzlich sein.“