„Student:innenfutter“: Jetzt auch Produktnamen gendern?

August 9, 2021

Ob mit Sternchen, Schrägstrich oder Doppelpunkt: Beim Thema Gendern gehen die Meinungen auseinander. Das stellt Marketing-Profis vor besondere Herausforderungen. Wie gendert man eigentlich eine Marke?

Eine grammatische Form für alle Geschlechter – das funktioniert heute nicht mehr. Das sogenannte „generische Maskulinum“ hat ausgedient, also die männliche Form, durch die sich auch Frauen und Menschen mit non-binärer Identität angesprochen fühlen sollen. In den Kommunikationsabteilungen vieler Unternehmen, in Redaktionen und Verlagen, Behörden und anderen Institutionen gibt es mittlerweile die Vorgabe, gendersensibel zu schreiben, um niemanden zu diskriminieren.

An vielen Universitäten ist deshalb aus dem „Studentenwerk“ bereits das „Studierendenwerk“ geworden. Und viele Unternehmen verfahren ähnlich wie der Ingolstädter Autobauer Audi, der die eigenen Mitarbeitenden mittlerweile konsequent als „Audianer:innen“ adressiert.

Auch die Bundeswehr stellt etablierte Begrifflichkeiten auf den Prüfstand. So wird aktuell im Rahmen eines internen Ideenwettbewerbs eine zeitgemäßere Bezeichnung für die „Einmannpackung (EPa)“ gesucht, also die abgepackte Tagesverpflegung.

Auch Sprachsteuerungen wie Alexa und Siri reagieren auf den Trend: Neuerdings sind beide Services auch mit männlicher Stimme erhältlich. Im Falle von Alexa hat die Stimme sogar einen Namen: Ziggy.

Gendersensible Markensprache etablieren

Gekonnt zu gendern, entwickelt sich in der schriftlichen Marketingkommunikation zur Königsdisziplin. Das beginnt beim genderneutralen Corporate Wording, z. B. „Kund:innenservice“, und reicht über die Kampagnenansprache bis hin zum Slogan. Doch leichter gesagt als getan. Wie setzt man beispielsweise „Kund*innenservice“ in einer E-Mail-Adresse um?

Idealerweise schafft man es, so unauffällig und natürlich zu gendern, dass niemand darüber stolpert. So wie Fisherman’s Friend: „Du weißt ja, was man über echte Freunde und Freundinnen sagt: Sie sind einfach für dich da, wenn du sie brauchst.“

Gedankenspiel: Sollte man auch Produkt- und Markennamen gendern?

Klingt verrückt, ist aber bereits geschehen: In einem bayerischen Supermarkt steht seit kurzer Zeit das „Student*innenfutter“ von Fairfood Freiburg im Regal. Die kontroversen Reaktionen in den sozialen Netzwerken lassen erahnen, wie sehr das Thema gesellschaftlich polarisiert.

„Gendermarketing ist natürlich seit Längerem ein Thema“, bestätigt Markenexpertin Sybille Kircher von der Düsseldorfer Namensagentur Nomen. „Doch das betrifft vor allem die Markenstrategie und die Markenpositionierung.“ Man denke beispielsweise an Coca-Cola Light und Coca-Cola Zero. Oder an den kleinen, handlichen Akkuschrauber von Bosch, der primär für Frauen entwickelt wurde und für den Nomen den Namen „Ixo“ kreiert hat.No games with names

Markennamen zu gendern, macht hingegen keinen Sinn. Zu aufwändig, zu konstruiert und gezwungen. „Das wäre schlichtweg albern“, kommentiert Sybille Kircher, „insbesondere dann, wenn der betreffende Name bereits am Markt etabliert ist.“ Ihre Empfehlung für anstehende Markenentwicklungen: „Nicht eingrenzend sein und möglichst offene Namen für alle Geschlechter finden. Der Fokus sollte nicht auf der Zielgruppe liegen, sondern auf dem Nutzen des jeweiligen Angebots.“

Amüsant wäre es aber allemal, sich das Gendern der folgenden Markennamen vorzustellen. Und überhaupt: Müsste NOMEN sich dann womöglich in NO*WO*MEN umbenennen – und wer bliebe dann noch übrig?