Autonomes Fahren: Naming – quo vadis?

September 7, 2018

Im Bereich des autonomen Fahrens sucht man herstellerdifferenzierende Namensstrategien und markante Namen noch vergeblich. Zu diesem Ergebnis kommt eine vergleichende Analyse der Düsseldorfer Namensagentur Nomen.

Stell dir vor, du hast ein innovatives Produkt – und keiner kriegt’s mit. So könnte man – wenn auch etwas überspitzt – das Dilemma der Autohersteller auf den Punkt bringen. Seit Jahren arbeitet die Branche an autonom fahrenden Fahrzeugen und das so erfolgreich, dass technisch bereits drei der insgesamt fünf Stufen umgesetzt sind. Ausgebremst wird das autonome Fahren derzeit vor allem von einer unklaren Rechtslage, denn zentrale Fragen sind bislang ungeklärt. Allen voran: Wer haftet bei Unfällen – der Fahrzeughalter oder der Hersteller? Wie gewährleistet man außerdem Datensicherheit, damit Dritte nicht auf das Auto zugreifen und es fremdsteuern können? Eine weitere Hürde sind die Bedenken der potenziellen Käufer. Eine US-amerikanische Studie ergab, dass weit mehr als die Hälfte der Befragten Angst hat, sich einem komplett eigenständig fahrenden Fahrzeug anzuvertrauen.

Dennoch ist es nur eine Frage der Zeit, bis offene rechtliche und technische Aspekte geklärt sind und die nächsten Innovationen vermarktet werden können. Einige Autohersteller, darunter Audi, BMW, Toyota, Hyundai und Volvo beabsichtigen, bis 2021 autonom fahrende Autos der Stufe 4 auf den Markt zu bringen. Das autonome Fahrzeug wird dann auf Landstraßen und im Stadtverkehr komplett die Kontrolle übernehmen. Es stoppt an roten Ampeln oder sucht sich einen Parkplatz – alles selbstständig. Der Fahrer muss selbst in Notfällen nicht mehr eingreifen.

So bahnbrechend die Technologien rund um das autonome Fahren sind – die dazugehörigen Namen sind es nicht. Das ergibt sich aus einer Vergleichsanalyse der Düsseldorfer Namensagentur Nomen von August 2018. Agenturchefin Sybille Kircher bescheinigt den bisher im Markt vorhandenen Namen fehlende Differenzierung und mangelnde emotionale Anziehungskraft. Zudem vermisst sie auf Seiten der Hersteller klare Leitlinien, wie das autonome Fahren zukünftig vermarktet werden soll. „Starke Markennamen, die das autonome Fahren positiv emotionalisieren und vorhandene Ängste mindern, sind Mangelware.“

Ergebnisse der Nomen Vergleichsanalyse  

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Namensgebung der Hersteller unterscheidet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum voneinander, d. h. die bestehenden Namen sind ähnlich und wegen ihres beschreibenden Charakters austauschbar. Es sind (noch) keine vertikalen Markenstrategien erkennbar, mit denen die einzelnen Hersteller ihre Innovationen über die verschiedenen Stufen hinweg als Ganzes trennscharf profilieren und namentlich schützen.

Die Ergebnisse im Detail:

  • Stufe 1: Alle Hersteller haben bereits Systeme im Markt, bei denen Assistenzsysteme wie Tempomat, Einparkhilfen und Abstandshalter den Fahrer während der Fahrt unterstützen. Die Namensgebung ist überwiegend beschreibend und wenig differenzierend, z.B. Parking Sensor, Rear View Camera. Viele Beschreibungen werden wegen ihrer Länge abgekürzt, z.B. ACC (adaptive cruise control), DSC (dynamic stability control), TSA (trailer stability assist) etc.
  • Stufe 2: Der Fahrer kann das Lenkrad für kurze Zeit loslassen, weil teilautomatisierte Systeme das Fahren übernehmen. Das Fahrzeug hält dabei z. B. die Spur und den Abstand zum Vordermann. Der Fahrer muss den Verkehr allerdings weiter im Auge behalten, um das autonom fahrende Auto jederzeit wieder steuern zu können. Alle Hersteller fokussieren sich erneut auf das Naheliegende und kennzeichnen ihre Assistenzsysteme mithilfe des Wortbestandteils „assist“, z.B. Park Assist, Collision Prevention Assist (Mercedes-Benz), Remote Park Assist (Porsche), Stauassistent, Notbremsassistent.
  • Stufe 3: Viele Routineaktionen kann das Auto
    ab dieser Stufe dank Bordkameras, Sensoren und Datenverarbeitung bereits alleine ausführen (hochautomatisiertes Fahren). Der Fahrer muss allerdings eingreifen können, sobald das autonom fahrende Auto menschliche Hilfe einfordert. Auch in dieser Stufe ist die Namensgebung wenig differenzierend. Audi prägte den Begriff „Staupilot“, inzwischen haben auch andere Hersteller einen „Piloten“, z.B. BMW Personal CoPilot, Volvo Park Assist Pilot. Benefits wie Sicherheit und Zuverlässigkeit kommen in diesen Namen nicht zum Ausdruck.
  • Der Begriff „intelligent“ wird inflationär verwendet und verliert dadurch seine Attraktivität. Beispiele sind intelligent drive (Mercedes-Benz), intelligent parking assist (Toyota), intelliSafe (Fahrsicherheitskonzept von Volvo) mit intelliSafe pro, intelliSafe surround, intelliSafe Autopilot.
  • Einige Hersteller arbeiten mit ihrer Dachmarke, um die autonomen Fähigkeiten ihrer Fahrzeuge aufzuwerten, z.B. Volkswagen I.D. (= Intelligent Driving), I.D. Vizzion (Oberklasselimousine), I.D. Crozz (CUV) oder BMW i (i3, i8, iNext).
  • In den Stufen 4 und 5 gibt es bisher kaum Namen, da die Hersteller noch in der Entwicklung sind. Spätestens auf diesen beiden Ebenen sind jedoch Namen gefragt, die Ängste ausräumen. Denn in Stufe 4 übernimmt das autonome Fahrzeug auf Landstraßen und im Stadtverkehr komplett die Kontrolle. Das Auto stoppt an der roten Ampel oder sucht sich einen Parkplatz – alles selbstständig. Der Fahrer muss auch in Notfällen nicht mehr eingreifen. In Stufe 5 werden die autonomen Fahrzeuge komplett eigenständig fahren und weder Lenkrad noch Pedale haben. Sie lassen sich per Smartphone wie ein Taxi rufen und befördern Fahrgäste selbstständig ans Ziel.

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