Selbstoptimierung: Warum Markennamen mit „My“ und „Me“ nicht perfekt sind

November 6, 2019

Viele Marken, die den Trend zur Selbstoptimierung bedienen, tragen Namen, die sprachlich auf das Wesentliche reduziert sind. Alles dreht sich ums „Ich“.

Selbstoptimierung ist längst kein Geheimtipp mehr für Erfolgsorientierte, sondern ein Muss für die Massen. Jeder Schritt wird gezählt, aufgenommene Kalorien kontrolliert, jede Stunde optimal genutzt – damit die Balance und Bilanz im Leben stimmen. Gesund, gut drauf und erfolgreich sein, dabei gut aussehen und immer schön achtsam bleiben, lautet die Devise.

Foto: AdobeStock/Artur

Warum wir perfekt sein wollen

Es gibt viele Gründe für das Streben nach Perfektion:

  • Die Arbeit wird anstrengender, der Druck nimmt zu und damit auch die Sorge, den Anforderungen des Alltags nicht mehr gewachsen zu sein.
  • Gesellschaftliche Strukturen (familiärer Zusammenhalt, Partnerschaft, Freundschaften) werden schwächer oder lösen sich auf. Die Folge: Herausforderungen müssen alleine bewältigt werden.
  • Die ewige Suche nach dem Glück geht einher mit einer zunehmenden Vielfalt an Möglichkeiten. Dies verstärkt den Wunsch, alles auszuschöpfen und nichts zu verpassen.
  • Soziale Netzwerke fördern den sozialen Druck, sich zu präsentieren und permanent am eigenen Image zu arbeiten.
  • Die Metrisierung des Lebens, also die Messbarkeit unseres Handelns durch Tracking, wird kommerziell befeuert.

Dementsprechend boomt seit geraumer Zeit der Markt für Produkte, die die Selbstoptimierung unterstützen. Vorreiter sind die Ernährungs-, Fitness- und Kosmetikindustrie. Deren Produkte haben nicht nur ein gemeinsames Thema, sondern auch sehr ähnliche Namen.

Ernährung: Beispiele

  • Mymuesli
  • Mein Q (Fitness-Joghurt)
  • NU ME – START A NU LIFE TODAY (Diät-Lebensmittel)

    Foto: MeinQ

  • MyLine (Diät-Lebensmittel)
  • FitForMe (Nahrungsergänzungsmittel)

Fitness: Beispiele

  • My Fitness Card
  • GYMMY
  • My Fitness Guide
  • ME VIVO

Kosmetik: Beispiele

  • MIUM (Haarpflege)
  • FAB ME (Haarpflege)
  • ME (Seife)
  • MyDarling (Nagellack)

Auch in anderen Branchen sind die Namensbestandteile „Me“ und „My“ zu finden, etwa bei digitalen Services oder in App-Namen. Die Namen sind wie das, wofür sie stehen: reduziert auf das Wesentliche, fokussiert auf maximale Verständlichkeit. Kreativität erscheint überflüssig – dafür ist im Rahmen optimierter Prozesse kein Platz mehr.

Foto: MyMuesli

Die Inflation der Individualisierung

Das Paradoxe daran: Durch die Selbstoptimierung möchte der Konsument sich gut fühlen und seine Individualität unterstreichen. Doch durch Produkte mit austauschbaren Markennamen – so gut das Produkt auch sein mag – geschieht genau das Gegenteil. Sie erzeugen ein Gefühl von Beliebigkeit und erfüllen damit gerade nicht den angestrebten Zweck des Besonderen. Daher gilt: Keine Trendnamen – der Marke zuliebe. Was sich nicht differenziert, wird sich auf lange Sicht nicht am Markt behaupten.

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