Plagiarius in Solingen: Lernen von den dreistesten Fälschungen der Welt

Weiterbildung mal anders: Das NOMEN-Team war zu Gast im Museum Plagiarius in Solingen – in der Stadt, deren Name selbst ein Markenzeichen ist. Die Aktion Plagiarius, ins Leben gerufen von Industrie-Designer Rido Busse, leistet seit 1977 wertvolle Aufklärungsarbeit, wenn es um Plagiate und Fälschungen geht.

Zwischen Originalen und deren Imitaten wurde uns schon auf den ersten Blick klar: Je erfolgreicher ein Produkt oder ein Markenname ist, desto größer ist die Gefahr, dass beides kopiert wird.

Nehmen wir doch direkt mal die weltberühmten Solinger Klingen und vergleichen sie mit Glashütte Uhren. Auch bei Letzteren steckt der Ortsname im Produkt, doch nur die Hälfte der Wertschöpfung wird tatsächlich in Glashütte erbracht. Diese geringere Produktionstiefe bedeutet: Der Name ist weniger stark durch echte Fertigung am Standort „geadelt“. In Düsseldorfs Nachbarstadt Solingen hingegen gilt eine Verordnung, die sicherstellt, dass Messer und Schneidwaren nur dann mit „Solingen“ gekennzeichnet werden dürfen, wenn die komplette Herstellung tatsächlich vor Ort stattfindet.

Erstes Learning: Markenstärke lebt davon, dass das Produkt hält, was der Name verspricht.

Der „Plagiarius“ – sinnigerweise ein schwarzer Gartenzwerg mit goldener Nase – wird jedes Jahr an die dreistesten Nachahmer vergeben: an diejenigen, die sich das Markenversprechen unerlaubterweise zu eigen machen und obendrein nicht die hohen Qualitätsstandards des Originals einhalten. Er ist also für die Preisträger kein Ruhmesblatt, sondern eine absolute Schande. Und das völlig zu Recht, denn die Beispiele, die wir im Museum Plagiarius gesehen haben, sind schockierend und beunruhigend, darunter:

  • Sahnekapseln mit nicht lebensmitteltauglichen Inhaltsstoffen, die im Ruhezustand explodieren,
  • Autoersatzteile und Werkzeuge mit massiven Sicherheitsrisiken,
  • Parfum, das mit Urin versetzt ist, damit es nicht flockt,
  • gefälschte Bandagen ohne therapeutische Wirkung,
  • ein Kinderfahrrad, angeblich von Puky zu einem Preis von 10 Euro, mit einem Tacho, der auf dem Kopf steht (welche Rückschlüsse das wohl auf die Verarbeitung und Materialqualität zulässt?!)
  • gefälschte Handbrausen und andere Sanitärprodukte, die wie alle anderen Fälschungen nicht die erforderlichen Sicherheitsstandards erfüllen – und vieles mehr.

Auch ein gefälschter aufblasbarer Wasserpark ist im Plagiarius dokumentiert – sogar der dazugehörige Werbefilm war kopiert. Dreister geht es nicht, oder?

Natürlich sind auch Markennamen vor Nachahmungen nicht sicher: Puma wird zu „Pumba“, Grohe zu „Grohi“, Stihl zu „Sthil“ – wer so etwas kauft, darf sich nicht wundern, wenn er anschließend eine böse Überraschung erlebt.

Foto: Aktion Plagiarius e.V.
Oben Original: ANDREAS STIHL AG & Co. KG, Waiblingen, Deutschland
Unten Fälschung: Hangzhou Guley Garden Machinery Co., Ltd., VR China

Zweites Learning: Produktfälschungen können lebensgefährlich sein.

Wir haben im Rahmen unserer Führung übrigens auch erfahren, welches das erste Plagiat in Deutschland war: eine Soehnle-Briefwaage. Weil kein Gebrauchsmusterschutz vorlag, konnte ein chinesischer Hersteller die Idee eins zu eins übernehmen.   

Für Unternehmen ist es extrem ärgerlich, kopiert zu werden. Wie findet das wohl die Designermarke Koziol, die für die Entwicklung eines Honiglöffels rund 120.000 Euro Vorlaufkosten hat und dann billige Imitate im Markt entdeckt?

Auch der volkswirtschaftliche Schaden der Produktpiraterie für Deutschland ist enorm – er beträgt schätzungsweise 500 Milliarden Euro jährlich. Hauptproduzent von Plagiaten ist nach wie vor China, doch die Preisträger der letzten Jahre zeigen: Auch in Europa und sogar in Deutschland wird frech kopiert.

Drittes Learning: Bei Plagiaten werden „nur“ Form und Funktion kopiert, bei Fälschungen zusätzlich auch der Markenname.

Starke Markennamen verhindern leider keine Imitationen – im Gegenteil, sie ziehen sie an. Aber das ist natürlich kein Grund, einen unscheinbaren Markennamen zu wählen, damit man quasi unterm Radar der Produktfälscher bleibt. Auch einen beschreibenden Namen zu wählen, der gar nicht markenrechtlich geschützt werden kann, macht überhaupt keinen Sinn. Denn dann wird man, sofern das Produkt erfolgreich ist, auch kopiert. Nur kann man dann gegen die Fälscher nicht vorgehen, weil man ja keinen Markenschutz hat.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Man muss Markennamen entwickeln, die unverwechselbar sind und den Markt immer und überall mit Argusaugen überwachen. Etwa durch gezielte Onlinerecherchen nach den eigenen Produkten – und bei Fälschungen konsequent Maßnahmen ergreifen.

Viertes Learning: Die Gefahr, dass man kopiert wird, besteht in jedem Fall. Wenn man die Kontrolle über die eigene Marke behalten will, muss man konsequent gegen JEDEN Nachahmer vorgehen.

Genau deshalb sind wir Plagiarius-Fans: Mit seiner alljährlichen Preisvergabe sorgt er für öffentliche Aufmerksamkeit, stellt Nachahmer bloß und sensibilisiert Verbraucher dafür, dass Originale mehr sind als ein Logo – als echte Marken stehen sie für Qualität, Sicherheit und Vertrauen. Dieses Engagement ist ein unschätzbarer Gewinn für Markenartikler und ein Stück Sicherheit für alle, die ehrliche Produkte erwerben.

Starke Marken können kopiert werden – aber auch erfolgreich geschützt und verteidigt werden. Wir beraten dich von A bis Z: info@nomen.de oder 0211 577 906-0

Titelfoto: Aktion Plagiarius e.V.

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